BUOLUS – Bauphysikalische Gestaltung urbaner Oberflächen für nachhaltige Lebens- und Umweltqualität in Städten

Grafik zum Projektziel von BUOLUS
© Fraunhofer IBP
Das Projekt BUOLUS strebt die Verbesserung der Klimaresilienz sowie die nachhaltigen Entwicklung kommunaler Strukturen an.

Kommunen stehen vor der Herausforderung, sich an den klimatischen Wandel anzupassen. Sie müssen einerseits wirksame und nachhaltige Maßnahmen wählen und sollen andererseits Bürgerinteressen berücksichtigen und unter Kostendruck agieren. Die Verbesserung der urbanen Klimaresilienz allein genügt nicht, um einen transformativen Wandel, insbesondere in kleineren und mittelgroßen Kommunen, erfolgreich auf den Weg zu bringen. Vielmehr geht es darum, die Herausforderung der klimaresilienten Stadtgestaltung mit umwelt- und finanziell verträglichen Maßnahmen umzusetzen und gleichzeitig die steigenden Ansprüche an die Aufenthaltsqualität in Städten zu bedienen. Diesen integralen Ansatz verfolgt das BUOLUS-Projekt, um nachhaltige Lösungen für eine klimaresiliente Stadt zu identifizieren. 

Projektziele BUOLUS II

Gründach am Fahrradparkhaus
© Fraunhofer IBP
Gründach am Fahrradparkhaus in Rosenheim.
Probandenbefragungen in Rosenheim
© Fraunhofer IBP
Zur Datenerhebung werden Probandenbefragungen am Reallabor Salzstadel in Rosenheim durchgeführt.
3D-Stadtmodells der Stadt Rosenheim
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Screenshot des im Projekt entwickelten 3D-Stadtmodells der Stadt Rosenheim, welches nun optimiert wird.

Die Umsetzungs- und Verstetigungsmaßnahmen in dieser zweiten Projektphase werden auf drei kommunal relevanten Ebenen durchgeführt: Gebäude, Quartier und Stadt. Dabei geht es vor allem darum, den Transfer der theoretischen Ergebnisse aus der ersten Förderphase in die praktische Umsetzung zu ermöglichen und zudem Verfahren und Konzepte für die Umsetzung begleitend zu erarbeiten und zu dokumentieren. Die umgesetzten Maßnahmen lassen sich zudem messtechnisch untersuchen und in ihrer tatsächlichen Wirkung bewerten sowie iterativ anpassen. Ebenso bieten sie die Möglichkeit, diese innovativen Ansätze in ihrer Wirkung in Simulations- und Validierungswerkzeugen abzubilden, um diese bedarfsorientiert zu erweitern und anzupassen

BUOLUS adressiert diese Ziele zur Verbesserung der Klimaresilienz und zur nachhaltigen Entwicklung kommunaler Strukturen; wobei nachhaltig hier bedeutet, finanzielle Zwänge, ökologische Ansprüche und Nutzerakzeptanz gleichermaßen zu berücksichtigen.

 

Projektschwerpunkte:

  • Begrünung: Erprobung von Dach- und Fassadenbegrünungen zur Verringerung von Hitzeinseln, Verbesserung von Luftqualität und Retention, Biodiversität und Aufenthaltsqualität.

  • Reinigung: Erarbeitung von Verschmutzungsvermeidungs- und Reinigungskonzepten für den Innenraum öffentlicher Gebäude sowie für den Außenraum.

  • Stadtentwicklung: Untersuchung von Maßnahmen zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität im innerstädtischen Bereich.

  • Datenmanagement: Einsatz und Verwendung vorhandener Daten als Grundlage für Auswahl und Entscheidungsfindung.

  • Regenwassernutzung und Hitzeinselvermeidung: Untersuchung von Maßnahmen zur Verbesserung des Stadtklimas durch Nutzung von Regenwasser für die Flächenkühlung.

  • Bewirtschaftung: Durchführung SDG-basierter Nachhaltigkeitsanalysen.

Exemplarisches Ergebnis

Innenansicht Sitzelement am Salzstadel Rosenheim
© Fraunhofer IBP
Innenansicht des multifunktionalen, modularen Sitzelements am Platz Salzstadel in Rosenheim. Es verfügt über eine Rückwand, welche teils akustisch wirksam, teils begrünt ausgeführt wurde.
Außenansicht Sitzelement am Salzstadel Rosenheim
© Fraunhofer IBP
Außenansicht mit Begrünung des multifunktionalen, modularen Sitzelements am Platz Salzstadel in Rosenheim.

Multifunktionales, modulares Sitzelement 

Wie kann die Aufenthaltsqualität an einem Stadtplatz schnell, temporär und kosteneffektiv verbessert werden, sodass sich Nutzerinnen und Nutzer gerne dort aufhalten?

Hierzu wurde Anfang November 2023 in Zusammenarbeit mit der Stadt Rosenheim ein multifunktionales, modulares Sitzelement am Platz Salzstadel in Rosenheim errichtet. Das Sitzelement basiert dabei auf Ergebnissen vorausgegangener Nutzer*innen-Befragungen aus den Jahren 2021 und 2022. Hier stellte sich heraus, dass es vor allem drei Faktoren gibt, welche die Aufenthaltsqualität am Salzstadel für Nutzende negativ beeinträchtigen. Dazu zählen die durch den Straßenverkehr bedingte, negativ wahrgenommene Geräuschkulisse am Platz, die sommerliche Hitze, verstärkt durch unzureichende Schattenmöglichkeiten sowie fehlendes Grün am Platz. Aus diesem Grund verfolgt das entwickelte multifunktionale Sitzelement einen integralen Ansatz. Es verfügt über eine Rückwand, welche teils akustisch wirksam, teils begrünt ausgeführt wurde. Außerdem besteht am Element die Möglichkeit der Installation eines Low-E-beschichteten Sonnensegels im Sommer. Die akustisch wirksame Rückwand besteht aus einem Schallschutzelement mit schallabsorbierender, gelochter Innenseite. Sie soll zu einer akustischen Verbesserung am Platz, insbesondere im Bereich der Sitzflächen, beitragen und eine Schalldämmung des durch den vorbeifahrenden Autoverkehr entstehenden Lärms bezwecken. Die Low-E-Beschichtung des Sonnensegels nutzt die natürlichen Eigenschaften von blankem Metall und ermöglicht eine starke Strahlungsreflexion im langwelligen Bereich (Wärmestrahlung). Hierdurch wird ein Großteil der Sonnenstrahlung zurück in die Umgebung gegeben, wodurch es sich unter dem Low-E-beschichteten Sonnensegel »kühler« anfühlt als unter einem herkömmlichen Sonnensegel. Die Rückwand des Sitzelements ist mit verschiedenen Begrünungen ausgestattet. Hierzu zählen u. a. eine bodengebundene Fassadenbegrünung mit sowohl laubabwerfenden als auch immergrünen Pflanzen. Außerdem sind auch zwischen den einzelnen Sitzflächen Pflanztröge mit bienenfreundlichen und teilweise essbaren Pflanzen angebracht.
Das Sitzelement ist modular aus insgesamt acht einzelnen Elementen aufgebaut und kann somit flexibel angeordnet werden. Aufgrund seiner Modularität kann das Sitzelement daher auch auf anderen Plätzen aufgestellt und an die Bedürfnisse der Nutzenden angepasst werden.

Das Sitzelement wird im Zuge des Projekts nun weiter untersucht. Dabei sollen u. a. der Aufwand zur Pflege und Bewirtschaftung der angebrachten Pflanzen in Zusammenarbeit mit der Universität Stuttgart untersucht sowie eine akustische Messung am Sitzelement und eine erneute Befragung der Nutzerinnen und Nutzer zur Akzeptanz des Sitzelements durchgeführt werden.

Projektergebnisse aus BUOLUS I

Das Ziel von BUOLUS I war es, eine ganzheitliche Erschließung, technologische Erweiterung und praxistaugliche Erprobung des bauphysikalischen Wirkpotentials urbaner Oberflächen zu identifizieren. 

Ausgangspunkt des Projekts war die Zusammenführung aller Aspekte und Akteure zu einem strukturierten und moderierten fach- und interessensübergreifenden Austausch. Die Eigentümer und Nutzer urbaner Oberflächen stammen aus allen Teilen der Stadtgesellschaft. Daher durchzog die Kommunikation der Stakeholder das gesamte Projekt. Die aus der Zusammenführung hervorgegangenen kommunalen Herausforderungen und Ansprüche wurden analysiert und in konkrete Anforderungen an stadtbauphysikalische Merkmale urbaner Oberflächen transformiert. Der anschließende Abgleich von vorhandenen und neuen Technologieangeboten mündete in ein Portfolio innovativer Planungs- und Gestaltungslösungen. Sie fokussieren sich auf ein funktionales Flächenmanagement urbaner Materialen, Oberflächen und (Stadt-) Bauteile. Die Entwicklung integraler Prozesse und Instrumente zur Fachplanung und kommunalen Partizipation war damit unmittelbar verknüpft. Nachstehend werden exemplarisch einige Ergebnisse dargestellt:

Exemplarisches Ergebnis 1

Diagramm zum Einfluss der Wasserspeichergröße auf die Bodenfeuchte
© Quelle: Gößner, D., Mohri, M., & Krespach, J. J. (2021)
Einfluss der Wasserspeichergröße auf die Bodenfeuchte: Das Retentionsdach mit 3 cm Wasseranstau und einem Wasserspeicher von 28,5 L/m² ausgestattet mit Kapillarbrücken und einem Kapillarvlies, erreicht eine im Schnitt 10 % höhere Bodenfeuchte als das vergleichbare Naturdach ohne Wasseranstau und mit kleinerem Wasserspeicher. Dies zeigt, dass ein Wasseranstau als passive Bewässerung agieren kann.

Leistungssteigerung Gebäudebegrünung

Das BUOLUS-Teilprojekt »Leistungssteigerung Gebäudegrün« befasste sich mit den (mikro)klimatischen Effekten begrünter urbaner Oberflächen. Diese weisen im Gegensatz zu versiegelten Flächen ein hohes Versickerungs- bzw. Wasserrückhaltepotenzial auf und sorgen durch Verdunstung für eine Kühlung der Umgebung. Im Rahmen des Projektes wurden diese Effekte mit konkreten und systemspezifischen Zahlen und Daten untermauert. Dabei konnten vor allem Unterschiede zwischen den untersuchten Gründachsystemen hinsichtlich der Verdunstungsleistung, der Substrattemperatur und Lufttemperatur auf Vegetationsebene gemessen werden, die stark von der Größe des vorhandenen Wasserspeichers beeinflusst wurden. Die erhobenen Daten sind höchst relevant für die Gestaltung urbaner Räume und ermöglichen die Nutzung der leistungsfähigsten und wirkungsvollsten Begrünungssysteme.

Exemplarisches Ergebnis 2

3D-Stadtmodell des Rathaus in Rosenheim
© Virtual City Systems
Integration des detaillierten Rathausmodells in das 3D-Stadtmodell der Stadt Rosenheim.
Simulationsergebnisse Temperatur Innenhof mit Bäumen
© Virtual City Systems
Physikalische Simulationsergebnisse zur Temperatur in einem Innenhof mit Bäumen.

Entwicklung einer semantischen 3D-Stadtmodellplattform

Im Rahmen des BUOLUS-Projektes wurde von Virtual City Systems eine semantische 3D-Stadtmodellplattform entwickelt, die zahlreiche für bauphysikalische Berechnungsverfahren relevante Inhalte enthält. Dazu gehören das Stadtmodell der Stadt Rosenheim, ein 3D-Baumkataster, ein Grünflächenkataster, sowie die Möglichkeit, Sensordaten zu integrieren. Darüber hinaus wurde ein geometrisches und semantisches Mapping von IFC-Daten auf das CityGML-Schema entwickelt und implementiert. Hiermit wurde das von der Firma Voxelgrid als IFC-Modell erzeugte Rathaus der Stadt Rosenheim in den offenen OGC-CityGML-Standard überführt und in die 3D-Stadtmodellplattform eingebunden. Neben den Daten wurden auch Geoinformationswerkzeuge, wie z. B. ein Zeichentool zur Anreicherung des Modells, hinzugefügt.
 

Entwicklung integrierter Simulationsanwendungen auf Basis der Stadtmodellplattform

Neben der 3D-Stadtmodellplattform wurde auch eine Simulationsanwendung zur Abschätzung der Klimawirkung von Baumaßnahmen entwickelt und prototypisch umgesetzt. Als Grundlage dienen 3D-Stadtmodelle, da diese für viele Städte bereits vorliegen und somit nicht aufwändig modelliert werden müssen. Darüber hinaus können bestehende Gebäude entfernt und Planungen importiert bzw. eingezeichnet werden. Die Vorgehensweise lässt sich in vier Schritte unterteilen. Im ersten Schritt wird ein Gebiet in der 3D-Stadtmodellplattform ausgewählt und die relevanten Objekte exportiert. Der zweite Schritt ist die Berechnung der solaren Einstrahlung auf Basis der 3D-Objekte. Der dritte Schritt ist die CFD-Simulation mit der Software ANSYS Discovery. Zuletzt werden die Ergebnisse in der Karte visualisiert. 

 


Fraunhofer IBP

Gesamtkoordination des Projekts und wissenschaftliche Begleitung aller Umsetzungsmaßnahmen


Universität Stuttgart, Institut für Akustik und Bauphysik (IABP)

Ökobilanzielle Bewertung und ganzheitliche Bilanzierung von Bewirtschaftungsprozessen und urbanen Oberflächen.


Stadt Rosenheim

Umsetzungspartner und Plattform für die im Projekt entwickelten Realisierungsmaßnahmen- Rosenheim stellt die Reallabore »Gründach auf dem Fahrradparkhaus« und den Platz »Salzstadel« zu Verfügung und leitet aus den Forschungsergebnissen Maßnahmen für die Stadt ab.


Optigrün

Optigrün als Spezialist für Dachbegrünung arbeitet an Themen rund um urbanes Grün: Ziel ist die Erhebung mikroklimatischer Daten für Stadtklimamodelle, die Analyse des CO2-Speichervermögens von Gründächern und die Optimierung der Gründachpflege.


Virtual City Systems

Verantwortlich für das Geodatenmanagement, die 3D-Stadtmodellierung und die Entwicklung einer Schnittstelle zwischen der Stadtmodellplattform und den Stadtklimamodellen des Fraunhofer IBP.


Voxelgrid

Erzeugung eines Digitalen Zwillings des Untersuchungsbereichs unter Nutzung unterschiedlicher bildgebender Verfahren. Erstellung eines 3D-Modells des Untersuchungsbereichs mit Materialeigenschaften.

Untersuchung von Möglichkeiten zur Reduktion von Wildkrautwachstum

Versuchsfläche in Rottach-Egern
© Fraunhofer IBP
Bild 1: Foto der Versuchsfläche vom 03.05.2023
Mit unterschiedlichen Materialien verfugte Teilflächen
© Fraunhofer IBP
Bild 2: Foto der Versuchsfläche vom 05.10.2023 Dargestellt sind die fünf ausgeführten Teilflächen, die mit unterschiedlichen Materialien verfugt wurden (siehe Tabelle).

Kommunale Flächen werden bewirtschaftet, um ihre Funktionalität zu erhalten. Die Entfernung von Wildkraut ist ein solcher Bewirtschaftungsprozess, der u. a. die Trittsicherheit gewährleisten soll und der Erfüllung ästhetischer Ansprüche dient. Dieser Prozess erfordert Ressourceneinsatz und verursacht Kosten sowie Treibhausgasemissionen. Somit ist der Bewirtschaftungsprozess mit positiven und negativen Auswirkungen in den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit (Ökologie, Ökonomie, Soziales) verbunden. Mithilfe einer belastbaren Informationsbasis zu der Flächenbewirtschaftung und ihren Nachhaltigkeitsauswirkungen kann die kommunale Wildkrautbeseitigung optimiert werden.

Diese wird im Rahmen des Projekts BUOLUS geschaffen. Aktuell wird in der assoziierten Gemeinde Rottach-Egern eine Feldstudie durchgeführt, welche die Themen Wildkrautvorbeugung sowie dessen Beseitigung auf Pflasterflächen adressiert. Als Versuchsfläche wurde hierfür ein Sitzbereich mit Mosaikpflastersteinen aus Granit ausgewählt, welche ursprünglich mit Brechsand verfugt war. In Bild 1 ist der Wildkrautbedeckungsgrad der Parkbucht im Mai 2023 zu sehen. Diese wurde in fünf Teilflächen unterteilt, auf denen unterschiedliche Fugenmaterialien erprobt werden.

Die Feldstudie wurde Anfang Oktober 2023 in Rottach-Egern begonnen. Bild 2 zeigt die Umsetzung der Feldstudie auf den fünf unterschiedlich ausgeführten Flächen. Die Eigenschaften der fünf Flächen und ihr Bewirtschaftungsmodus im Rahmen der Feldstudie sind in untenstehender Tabelle aufgelistet.

In der Feldstudie wird der Einfluss der Fugenmaterialien auf das Wildkrautwachstum und den erforderlichen Bewirtschaftungsaufwand untersucht. Es werden Daten zur Flächenbewirtschaftung erhoben, die anschließend für die Bewertung der Nachhaltigkeitsauswirkungen herangezogen werden. Aus diesen Informationen werden schließlich Optimierungspotentiale für eine nachhaltige Flächengestaltung und -bewirtschaftung mit dem Fokus auf die Reduktion des Wildkrautwachstums abgeleitet.

Für weitere Informationen zur Feldstudie können Sie sich gern direkt an Jakob Richtmann (jakob.richtmann@ibp.fraunhofer.de, Studienkoordination), Kristina Henzler (kristina.henzler@iabp.uni-stuttgart.de, Studienkonzeption) oder Daniel Merone (DMerone@rottach-egern.de, Ausführende Stelle der Studie) wenden.


Projektträger und -förderer